Bonsai des Monats APRIL

Author:

455

Photo:

455

Arbeitsgruppe/Verein:

BONSAIFREUNDE DREILÄNDERECK MOYOGI BASEL

Datum:

03.11.2021

Ein kleine Prinzessin

Fichten gelten in der Bonsaiwelt als Zicken. Der Draht wird zwar sehr willentlich angenommen und es können schöne Gestaltungen entstehen. Nach dem Entdrahten zeigt die Fichte dann aber ihren sturen Charakter und lässt die Äste langsam, aber sicher in die alte Richtung zurückgehen. Hier hilft nur ein häufiges Drahten. Am besten wird der Draht dann in der anderen Drehrichtung angebracht, um hässliche Drahtnarben zu verhindern.

Baum des Monats APRIL

Vom hässlichen Entlein zum Schwänchen

Sicher haben viele uns so einen kleinen Zögling, der irgendwie über die Jahre mitgeschleift wird, hie da etwas Beachtung bekommt aber etwas Gescheites wird es einfach nicht.

Hier möchte ich eine kleine Fichte, angezogen aus einem Sämling, vorstellen. Sie ist seit ca 15 Jahren bei mir. Woher ich ihn habe, weiss ich nicht mehr. Vermutlich ein Sämling der sich irgendwie in einem Topf verirrt hat. Er durfte ein paar Jahre in einem kleinen Feld vor sich hin kümmern und wurde dann in einen Plastiktopf gezwängt. Das Nebari war ein bisschen verwurstelt und hat seine ansprechenden Seiten. Im Gegensatz dazu war der Stamm sehr langweilig und bestand nur aus einer lang-gezogene Kurve. Mit etwas mehr Kreativität (und Draht) während der Feldaufzucht wäre hier viel mehr drin gewesen.

Aber so steht er nun da und wurde immer wieder gedrahtet, aber der Funke wollte nicht so recht rüber springen und er wanderte wieder zurück aufs Regal. Auch dieses Jahr wurde er wieder im Kreis gedreht und zurückgestellt. Irgendwann muss man eine Entscheidung treffen und verkaufen lässt er so sicher nicht.

Aber irgendwann ist genug Wasser den Rhein runtergeflossen und es müssen Entscheidungen her. Also los geht es mit der Suche nach der Vorderseite. Am besten mal jäten und die beste Seite des Nebari und Stammverlaufes suchen. Dabei zeigt der Stamm nun leicht nach vorne und neigt sich nach Links. Auch die Spitze zeigt leicht nach links. Dann wird der kleinstmögliche Baum gesucht und der Rest muss halt weg.

Das ganze Laub wurde ausgedüngt und es blieben nur Zweier-Gabeln übrig. Die «entgrünten» Äste wurden zudem entrindet und bilden mögliches zukünftiges Totholz. Das Drahten wurde mit dem ersten Ast begonnen.

Schnell war die Spitze ebenfalls in ein Drahtkorsett gelegt worden. Es wurde keine scharfen Biegungen angebracht. Die Äste wurden nur in die richtige Position gelegt. Der ganze Gestaltungsprozess muss um diese Jahreszeit sehr sanft erfolgen. Da wir immer noch in der Hauptwachstumszeit sind, könnten starke Biegungen dazu führen, dass sich das Kambium vom Holz löst. Der Draht zerschneidet dann diese gelösten Schichten beim Formen. Die betroffenen Astpartien würden dann sicher absterben.

Damit der Baum nun keine Schlagseite bekommt, musste er in ein schweres Töpfchen. Da dieser Sommer feucht und mild war, konnte dies relativ risikolos geschehen. Die Wurzeln wurden nur um die untersten 1.5cm erleichtert. Das Umtopfen ist daher eher mit einem Umsetzen zu vergleichen. Bei einem heissen Sommer wie die letzten Jahre wäre dies nur begrenzt möglich gewesen.

Plötzlich ist aus dem Hinterbänkler eine kleine Prinzessin geworden: Drahtnarben sind entweder entfernt oder zu Totholz umgewandelt worden. Mit einer geschickten Wahl der Vorderseite konnte der unschöne Schwung kaschiert werden. Die Form ist nun viel handlicher und auf das Nötigste reduziert. Das Totholz kann jederzeit noch eingekürzt werden. Der Baum darf sich nun erholen und mit einem regelmässigen Triebschnitt an Verzweigung zulegen.

Struwwelpeter

Auch von oben ein Struwwelpeter

Ein Häufchen Elend

Aller Anfang ist schwer

von oben

Die Grundstruktur steht

5 1 Bewertung
Artikelbewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Älteste
Neuste Meist Bewertete
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Rudolf Allemann-Wyss

Sehr schöne Arbeit – weniger ist mehr ! Der Stammverlauf zeigt die richtige Richtung